Die Geschichte „Vom Waschbären in der Jackentasche“

Nööö… wir haben keine Lust zum Laufen!   Doch, aber ich will…!

Was machen wir? Vorschlag: Lasst uns eine kleine Runde gehen. Nur so die Straße rauf, bei Inken um die Ecke, an Arvids Garten vorbei und dem Baumhaus. Vielleicht ein wenig klettern…? Und über Valentinos Wiese wieder zurück. Dann bleibt auch noch Zeit zum Spielen am Wagen… Was sagt ihr?

Nö…! Ja…! Nö…! Ja…! Wir stimmen ab! Jeder überlegt für sich und entscheidet selbst. Wer eine kleine Runde laufen mag, kommt zu mir. Wer lieber hier bleiben möchte geht zu Gerd.

8:5! Was ist mehr? 8! Na los, wir gehen. Und wer weiß, was uns unterwegs heute alles so erwartet!

Rucksack mit Trinkeflasche und Snackdose packen… Mittagsdosen und auch die Reste vom Frühstück können in der Kiste bleiben… Wir sind ja nur kurz unterwegs. Wer alles hat… Wir treffen uns am Zaun. Sind alle Kinder da?

Lasst uns mal zählen: 1 2 3 7 6 8… Nein! Falsch      Okay: 1 2 3 4 8 9 11… Nein! Wieder falsch…

Noch mal: 1 2 3 … 13! Okay! Alle da! Na dann los.

Eigentlich ist der Weg, den „Barsikower Weg“ entlang ganz schön. Wir kommen am Pferdehof vorbei, an dem Gehege mit den Entchen, dem Feuerwehrmannhaus, dem Hexenbild von Inkens Kräutergarten und der großen Kastanie, wenn wir links um die Ecke laufen…

Aber heute will die Lauflust doch nicht so richtig kommen. Das Wetter ist etwas ungemütlich und es ist auch kalt. Die Regenjacken und Wetterhosen und in den Gummistiefeln laufen, ohne auf Pfützen zu treffen, ist heute auch nicht so bequem…

“Ich will wieder zurück!“  „Können wir nicht umdrehen?“ „Ich kann nicht mehr? Ich will auch zurück!“

Vielleicht ist es doch keine so gute Idee gewesen heute zu laufen, denken wir Großen. Die Kinder mit Spaß laufen weit voraus und sind schon am Baumhaus angekommen. Bei den anderen ist es irgendwie ganz komisch… Da ist die Erdanziehungskraft so groß, dass sie immer mal wieder zum gemütlichen Ausruhen auf die Knie plumpsen…

Da hilft nur ein Abenteuer!

Mit ein paar Kindern gehen wir an den Büschen und Bäumen von Arvids Garten entlang und stöbern ein wenig herum. Plötzlich: „Oh, ich habe was gesehen!“

„Was?“ „Ich weiß nicht so genau… Es war dort drüben! Lasst uns ganz leise nachschauen…“

Dort drüben in Arvids Garten… „Ich sehe nichts!“ „Doch, ich habe was gesehen: Es war eine Gartenelfe!“ „Ich haben einen Zwerg gesehen!“ „Oder einen Waldgeist…?“

„Traut ihr euch weiter in den Garten?“ „Na klar…“ „Aber leise…“  Knacks… „Oh, ein Geist!“  „Leise…“ „Wo war er?“ „Hier lag!“ „Ich traue mich nicht!“  „Komm, ich nehme dich an die Hand!“

„Gibt es bei Arvid noch Äpfel?“  „Äh, die sind verschrumpelt. Nicht so lecker…“

„Ich habe was gesehen! Da hinten ein Gespenst!“  „Oh, wer traut sich weiter?“ „Ich brauche einen Stock!“ „Gute Idee. Damit können wir an die Bäume klopfen. Das mögen Geister bestimmt nicht… ich nehme auch einen!“ „Ich auch…!“  „Ich will auch einen…!“  „Hier …!“

Wir schleichen uns durch den Garten. Da hilft mir der Zufall… An der Schuppentür lehnt ein alter Spiegel. Ich schaue hinein. „Ich habe was entdeckt! Kommt her…!“

Die Kinder schauen in den Spiegel… Es dauert einen Augenblick, dann entdecken sie den Spaß…

„Oh, ich bin ein Waldgeist…“  „Ich eine Fee…“  „Ich bin ein Säbelzahntiger…“

Plötzlich ein Ruf!  Ein Kind ruft ganz aufgeregt: „Kommt her, ich habe was wirklich spannendes entdeckt!“ Mein Spiegel ist uninteressant geworden, aber unsere kleine Runde fängt an Spaß zu machen. Ich überlasse den Kindern ihrer Entdeckerfreude und laufe nur ganz langsam zu ihnen.

Dann bin auch ich überrascht…. Vor einer von Arvids Schuppentüren liegt ein ganz frisches, aber totes Tier.

Das ist interessant! „Was ist das für ein Tier?“  „Warum ist es tot?“

Gut, dass wir Stöcke haben. So kann es von allen Seiten ausgiebig betrachtet werden. Die Kinder drehen das Tier und untersuchen es ganz genau. In der Zwischenzeit sind auch die anderen Kinder, die am Baumhaus gespielt haben, neugierig geworden und kommen zu uns in Arvids Garten…

„Das ist ein Fuchs…“ „Nein, der sieht doch rot aus?“  „Doch, das ist ein Fuchs!“  „Und wo ist der lange Schwanz?“ „Na da…!“  „Aber der ist nicht rot!“  „Das ist ein Dachs!“  „Wie sieht ein Dachs aus…?“  „Ich weiß es nicht.“ „Das ist eben ein Waschbär?“ „Äh… Wie sieht denn ein Waschbär aus?“ „Der ist weiß und schwarz und ganz niedlich…!“

„Armer Waschbär… Warum ist verstorben?“

„Ich bin für Dachs… Oder ist es eine Katze?“  „Nein! Niemals eine Katze!“ „Meine Katze zuhause hat auch so ein Fell! Arme Katze…!“  „Das ist keine Katze! Die Krallen sehen ganz anders aus und auch der Kopf. Ganz sicher! Das ist ein Waschbär!“ „Und warum ist er tot?“

„Er war krank. Oder alt?“ „Ist hier eine Falle?“ „Er hat was Giftiges gegessen, oder getrunken…“

„Vielleicht…!“

Neulich, vor ein paar Tagen, sind wir wieder an Arvids Garten vorbei gekommen…. „Lasst uns nach dem Waschbären schauen! Ob er noch da ist…?“

Die Kinder haben eine ganze Weile im Gras gesucht. „Oh, wie sieht er jetzt aus?“ „Auf jeden Fall ziemlich ekelig!“  „Da ist ja gar nichts mehr zu sehen!“ „Doch das Fell ist noch da. Aber er sieht so platt aus!“  „Und gar nicht mehr wie lebend, oder tot…!“ „ Da ist gar nichts mehr.“ „Können wir ihn mal umdrehen?“  „Oh, wie ekelig! Und er stinkt auch ganz schön!“  „Das Gesicht kann man noch sehen…“  „Naja, so fast jedenfalls…“

Nach einigen Wochen, ich denke so ein halbes Jahr später… wir spazieren wieder den „Barsikower Weg“ entlang und besuchen das kleine Baumhäuschen… Gerade spielen wir sehr gern „Verstecken“ und nutzen dafür jede Gelegenheit und so ziemlich jede Wanderpause. Auch an diesem Tag.          „Los, lasst uns Verstecken spielen!“ Ich zähle: 1… 2…3….

„Huch, wo sind die Kinder…?“  In Arvids Garten! „Was habt ihr da?“

„Na der Waschbär!“ Wir haben wieder ganz genau geschaut… Das war wirklich sehr interessant. Nur noch die Knochen sind im Gras zu finden gewesen. Alles andere war verschwunden. Die Natur hat sich alles wieder zurückgeholt! Nur eben die Knochen nicht. Wir haben überlegt, welcher Knochen welches Körperteil sein könnte…. „Der ist vom Unterkiefer…“ „Und der ist eine Pfote.“ „Das ist ein Stück der Wirbelsäule… Oder vom Schwanz?“ „Das ist ganz sicher eine Rippe.“ „Und das eine Vorderpfote…!“

Und ganz plötzlich ist der Waschbär in unsere Taschen verschwunden. Jeder hat ihn sich in seine Jackentasche gesteckt! Wie das…?